Fred hat mir netterweise seinen Erfahrungbericht
gemailt. Meinungen zum Thema
Hausmänner werde ich gern hier veröffentlichen
oder Ihr tauscht Euch im Forum aus.
Wer Fred und seine Familie gern näher
kennenlenen möchte, kann ihn auf seiner Homepage
besuchen.
Neu: Im Mai hat uns Fred zwei Nachträge
zum Thema geschickt: Herzlichen Dank, Fred!
Bitte unten nachsehen.
Die Doppelrolle
Erfahrungen eines "berufstätigen
Hausmannes"
Definition:
Ein berufstätiger Hausmann ist eine
seltene Spezies, sozusagen die Ausnahme von der Ausnahme.
In diesem Jahr werden unsere Zwillinge
18 Jahre alt, somit "erwachsen", und es ist an der Zeit einmal Bilanz zu
ziehen und vor allem für mich selbst diese überaus aufregenden,
interessanten aber auch sehr mühevollen Jahre zu reflektieren.
Sollten darüber hinaus andere diesen
gewiss nicht alltäglichen Bericht mit Interesse und Anteilnahme lesen,
würde ich mich darüber sehr freuen.
Voranstellen möchte ich noch, dass
ohne den mindestens gleichwertigen Einsatz meiner lieben Gina in ihrer
Doppelrolle als "berufstätiger Hausfrau" diese Konstellation gar nicht
möglich gewesen wäre!
Der einzige Unterschied zu mir besteht
lediglich darin, dass hunderttausende von Frauen diese Doppelrolle besetzt
halten, aber vermutlich nur wenige Männer und das ist schon des Nachdenkens
wert.
Ich meine jetzt nicht die "nur Hausmänner",
die vorübergehend und freiwillig oder durch Arbeitslosigkeit gezwungen,
sich in dieser Situation befinden. Sie alle haben den "Vorteil", ohne gleichzeitige
Berufstätigkeit ausschließlich ihre Aufgabe wahrnehmen zu können,
wie es für "nur Hausfrauen" ja auch gilt.
Es ist aber bekannt, dass auch hier wiederum
ein beträchtliches Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern
besteht. Dies hat natürlich auch gesellschaftspolitische Ursachen!
Anzufügen wäre noch, dass ich
nach meinen Erfahrungen mit Fug und Recht sagen kann, dass es für
uns alle höchste Zeit ist, mit den Begriffen wie "nur Hausfrau" oder
" nur Hausmann" differenzierter und respektvoller umzugehen.
Das "nur" hat immer noch einen abwertenden
Klang. Ich weiß, wovon ich rede.
Es ist ein Tabuthema und leider gibt es
nicht wenige Menschen, die- durch den Zeitgeist verführt- sich über
das "Heimchen am Herd" oder das "arbeitsscheue Weichei" lustig machen.
Hier nun in Stichworten eine kleine Sammlung
von Fakten, Erfahrungen und ganz persönlichen Ansichten.
Ein paar Daten zu meiner Person: 1938
geboren, Fotograf, zum zweiten Mal verheiratet, drei Kinder (ein Sohn aus
erster Ehe, Zwillinge aus der zweiten). Wir wohnen in einem Dorf südlich
von Hamburg.
Das große Abenteuer begann, als
bei der ersten Ultraschalluntersuchung meiner schwangeren Frau zwei Kinder
unübersehbar auf dem Monitor vor sich hin pulsierten. Wir ahnten,
dass da etwas Besonderes heranwuchs, aber auch eine große Herausforderung
auf die überraschten Eltern wartete. Wir wurden nicht enttäuscht.
Nach Risikoschwangerschaft, Kaiserschnitt;
die beiden dem Brutkasten knapp entgangen, holten wir unsere Schätze
Ende Oktober 1981 nach Hause.
Hier ging es die ersten Monate hoch her.
Sozusagen rund um die Uhr im 2 Stundentakt- füttern, wickeln, füttern
und wickeln, füttern und ....ja was wohl?
Wir hatten niemand, der uns in dieser
Zeit unterstützte, keine Großeltern, die ihre Enkel verwöhnt
und gelegentlich die völlig erschöpften Eltern entlastet hätten.
In dieser Zeit fiel uns auf, wie wenig
Hilfe oder zumindest moralischen Zuspruch unsere Gesellschaft Eltern in
dieser Lage zukommen lässt und wie isoliert wir waren.
Natürlich hatten wir Freunde, die
gelegentlich zu Besuch kamen und sich auch teilnehmend verhielten. Trotzdem
fühlten wir uns irgendwie im Stich gelassen und ganz auf uns selbst
gestellt.
In dieser Zeit hatten wir noch die klassische
Rollenverteilung: Vater geht zur Arbeit, Mutter bleibt zuhause. Also nichts
Besonderes.
Das änderte sich, als die Aufträge
für den selbständigen Fotografen plötzlich spärlicher
wurden und eine finanzielle Notlage nur vermieden werden konnte, weil Gina
wieder ihren Beruf als Sekretärin aufnahm.
Die Kinder waren zu dieser Zeit noch nicht
einmal zwei Jahre alt.
Jetzt hatten wir eine neue Situation,
auf die wir vier uns erst einstellen mussten. Vor allem für mich war
die neue Aufgabe mit ihrer doch ungewohnten Verantwortung zu Anfang eine
große Belastung.
Wollte ich doch alles besonders gut machen.
Niemand hatte mich auf diese Rolle vorbereitet. Ab sofort hatte ich tagsüber
eine qualifizierte Hausfrau zu ersetzen und auch noch zu wechselnden Zeiten
beruflich aktiv zu sein.
Doch irgendwie wurde ich mit diesen Herausforderungen
fertig und denke auch, dass mir dies sogar relativ gut gelungen ist.
Was mich allerdings immer wieder verwunderte,
war die zwiespältige Reaktion der Mitmenschen auf meine Situation.
Die Skala reichte von völliger Zustimmung,
ja sogar leichter Bewunderung, über völlige Gleichgültigkeit
bis hin zu Unverständnis und Ablehnung. Wenn ich so - die Kinder in
der Zwillingskarre - unterwegs war, konnte ich dies besonders gut feststellen.
Lange Zeit war ich
"der Arbeitslose mit den Kindern" und
konnte das Getuschel der Leute ahnen. Am spontansten
in positiver Hinsicht waren noch die älteren
Frauen, die allerdings auch mehr von der unbestreitbaren Attraktivität
meines kleinen Pärchens, als eines Mannes in mittleren Jahren, in
Anspruch genommen wurden.
Nach drei Jahren bedeutete der Ganztagskindergarten
für mich eine gewisse Entlastung. Obwohl das pünktliche Hinbringen
und Abholen auch oft in Stress ausartete, z.B. wenn sich Lenas rechter
Schuh und die Mütze von Hans absolut nicht finden lassen wollten.
Dies war besonders ärgerlich, wenn ich mit einem Ohr die Verkehrsdurchsagen
hören musste und über den üblichen Stau informiert wurde,
während ich mit dem anderen das Gebrüll mindestens eines der
Kinder vernahm. Da hieß es, die Nerven zu behalten, obwohl ich eigentlich
schon bei einem Kunden in Hamburg hätte sein müssen, der aber
oft auf diesen frühen Terminen bestand. Das pünktliche Abholen
war aus beruflichen Gründen auch ein Problem und Gina konnte nur bei
einem Notfall einspringen.
Hinzu kam, dass abgesehen von den Ferien
auch hin und wieder die Masern oder ähnliche Plagen die zeitweilige
Schließung des Kindergartens zur Folge hatten. Weil das natürlich
sehr kurzfristig eintrat, war es für mich schwierig wenn nicht gar
unmöglich, einen Auftrag auszuführen. Da dies nicht gerade für
eine Berufstätigkeit ideale Voraussetzungen sind, glichen meine Umsätze
einer Fieberkurve, die allerdings mehr und mehr eine fallende Tendenz zeigte.
Manchmal stand mir folgendes Bild eines
Mannes vor Augen, der- die Aktentasche mit überaus wichtigen Papieren
in der einen Hand, mit der anderen die zweite Zigarette des Tages anzündend-
sich vor seinem Haus mit einem zerstreuten Lächeln von seiner Frau
verabschiedet.
In Gedanken ist er schon völlig bei
der Planung eines geschäftlichen Deals und sein Chauffeur, die Mütze
in der Hand, hat mit der anderen die Tür des schwarzen, vornehmen
Dienstwagens einladend geöffnet. Aus einem Fenster im Obergeschoss
der Villa tönt helles Kinderlachen und im Hintergrund des Zimmers
ist ein nicht mehr ganz junges Kinderfräulein zu sehen, das gerührt
diese morgendliche Szene betrachtet.
Wenn dieser Geschäftsmann dann nach
einem langen Tag, an dem weitreichende Entscheidungen gefällt wurden,
wieder nach Hause gebracht wird, lässt er es sich nicht nehmen, dem
abendlichen Badespaß seiner reizenden Zwillinge beizuwohnen. Vielleicht
wird er ja sogar ein wenig nass und das Kinderfräulein tupft ihm verlegen
die Hose trocken. In geselliger Runde erwähnt seine Frau voller Stolz,
dass er sogar schon mal die Kinder ganz allein ins Bett bringt und erst
kürzlich eigenhändig eine Mahlzeit aus Nudeln und Ketchup zubereitet
hat.
Dass ich dieser Mann sein möchte,
ist mir allerdings nie in den Sinn gekommen. Oder etwa doch?
So langsam kann der Eindruck entstehen,
als ob sich für mich die Ereignisse nur von ihrer negativen Seite
gezeigt hätten. Dem war aber nicht so. Vielmehr hatte ich häufig
das Gefühl, wirklich gebraucht zu werden und etwas Sinnvolles zu tun.
Ich sah diese große Herausforderung und nahm sie an.
Ganz wichtig war dabei der Gleichklang
und die völlige Übereinstimmung in Erziehungsfragen mit Gina.
Wie oft habe ich die kleinen und großen Probleme eines Hausmannes
nur lösen können, weil wir zu zweit waren und miteinander reden
konnten. Das ist es, was offenbar manche nur berufstätige Väter
nicht sehen und nach der Arbeit von so wichtigen Dingen wie zum Beispiel
dem mysteriösen Verschwinden der Lieblingspuppe nichts wissen wollen.
Sie haben sicher einen anstrengenden und aufreibenden Tag gehabt. Aber
wer sagt denn, dass es zuhause nicht ähnlich war und da ist die Frage
erlaubt, ob das rechtzeitige Anlaufen der Produktion von z.B. Deodorants
wichtiger ist als eine kleine Familie, die in dieser immer komplexer werdenden
Umwelt noch sinnvoll bestehen soll.
Seitdem habe ich auch großen Respekt
vor Alleinerziehenden, die ganz auf sich gestellt eine sehr schwere Aufgabe
zu lösen haben.
Unbestreitbar ist allerdings auch, dass
manche Wertvorstellungen ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben
und wir Begriffe wie z.B. "Familie" neu definieren müssen.
Vielleicht kann dieser Bericht etwas dazu
beitragen.
Inzwischen trat eine wichtige Neuerung,
nämlich die Schule, in Erscheinung und veränderte wieder einmal
nachdrücklich unser Leben.
Diese Zeit war unter anderem geprägt
von: Lernen, Hausaufgaben, guten und schlechten Lehrern, guten und schlechten
Zeugnissen, Sprechtagen und Elternabenden. Und ganz gewaltigem Frust in
Bezug auf diese Institution und zwar bei uns allen.
Was sich schon im Kindergarten zaghaft
andeutete, wurde nun zur Gewissheit. Unsere fast immer fröhlichen
und auch arglosen Kinder gerieten zunehmend unter äußere Einflüsse.
Wir erlebten, wie sie darauf reagierten und sich veränderten und fremde
Menschen in vielerlei Hinsicht bestimmend auf sie einwirkten.
So soll es ja wohl auch sein, ist jedoch
für alle Eltern eine schmerzliche Erfahrung und der Beginn eines Prozesses,
an dessen Ende die Lösung vom Elternhaus hin zur Selbständigkeit
steht.
Wir hoffen aber, dass unsere Kinder sich
auch dann unserer Zuneigung sicher sein können, wenn sie ihr eigenes
Leben führen und wünschen uns dasselbe von ihnen.
Ich könnte jetzt noch vielerlei aufzählen,
würde aber Gefahr laufen, übers Ziel hinaus zu schießen.
Mir ging es im Wesentlichen darum, einmal
aufzuzeigen wie sich dieses komplexe Thema aus einer zumindest ungewöhnlichen
Perspektive darstellt.
In all diesen Jahren habe ich versucht,
für die Kinder da zu sein, ihre kleinen und großen Kümmernisse
ernst zu nehmen und nicht nur ihre leiblichen Bedürfnisse zu befriedigen.
Dabei habe ich selbst viel gelernt.
Auch über mich!
Dafür möchte ich mich bei ihnen
bedanken.
Fred Lang
Nachtrag 1
Inzwischen sind zwei Jahre vergangen. Die
Kinder wohnen aus beruflichen Gründen nicht mehr bei uns zuhause.
Wir halten aber engen Kontakt und geben
ihnen im Rahmen unserer Möglichkeiten Hilfestellung beim Start in
ein selbstverantwortliches Leben. Ich denke, wir haben - sozusagen unter
etwas anderen Voraussetzungen - einen der schwersten, aber auch schönsten
und wichtigsten Berufe verantwortungsvoll übernommen und dadurch
einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Fortbestand und weiteren Entwicklung
unserer Gesellschaft geleistet.
Ich hoffe, dass in nicht allzu ferner
Zukunft der von uns praktizierte Rollentausch als selbstverständlich
angesehen wird und die leider immer noch vorhandenen Vorurteile weitgehend
ausgeräumt sind. Vielleicht habe ich mit meinem Erfahrungsbericht
ein ganz klein wenig dazu beigetragen.
Nachtrag 2
Ganz besonders habe ich mich über einen Brief gefreut, den ich von einem Hausmann erhalten habe. Er ist gleichfalls Vater von Zwillingen. Mit der auszugsweisen Veröffentlichung dieser "Momentaufnahme einer kurzen Kaffeepause" möchte ich aufzeigen, dass die fürsorgliche und liebevolle Betreuung von Kindern auch für Männer eine wichtige und schöne Erfahrung bedeutet. Vielleicht macht dies anderen Vätern Mut, diese immer noch nicht selbstverständliche Rolle zu übernehmen und dadurch auch für sich selbst einen Gewinn an zusätzlicher Lebensfreude zu erhalten.
Textauszug:
Nach zwei Wochen Vollzeit-Vater, in denen
meine liebe Frau Alexandra wieder voll in ihren Beruf eingebunden war,
stelle ich fest, daß sich die Qualität des Vaterseins noch einmal
geändert bzw. intensiviert hat. Haben Alexandra und ich uns bislang
in der Betreuung abgelöst, zwischendrin auch immer unsere ganz anderen
(Berufs-)welten gehabt, fällt dieses für mich nun fast
ganz flach (außer abends nach 21 Uhr - aber dann will man eigentlich
nur noch ins Bett fallen).
Anstrengend waren die Wochen also schon
- gleichzeitig aber auch sehr beglückend: zu merken, daß man
die Aufgabe, die zwei sechsmonatige Mädchen darstellen, bewältigen
kann, ohne im Chaos zu versinken; daß es den Kindern gut geht und
sie sich wohl fühlen; daß sich die Beziehung zu ihnen jeden
Tag neu und intensiver gestaltet. Und dann die kleinen Glücksmomente,
die einem solchen Leben in der Gegenwart innewohnen. Ein Viertelstündchen
kaffeetrinkend auf der Terrasse in der Sonne sitzen, während die Kinder
im Wagen schlafen, wissend: jetzt kann und darf ich mir das gönnen.
Nichts "wartet" auf mich (keine Bücher,
Artikel, Seminarvorbereitungen etc....). Höchstens die eine oder andere
Haushaltsarbeit. Aber die scheint mir viel geduldiger als das angeblich
so geduldige Papier...
Heute hat sich Leonie zum ersten mal selbständig
vom Bauch auf den Rücken gedreht.
Das sind die großen Momente für
den Papa!
Die Emailadresse dieses Papas könnt
Ihr auf Freds Seiten lesen.